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Erfahrungsbericht
Freiwilliges soziales Jahr / Bundesfreiwilligendienst

Kennst du das? Deine gleichaltrigen Freunde fangen langsam, und eigentlich zum ersten mal so wirklich, an sich den Kopf darüber zu zerbrechen wie es nun nach der Schule weitergehen soll; Studium, Ausbildung, Ingenieur, BWL’er, Lehrer oder doch was soziales…?? Man hat noch nicht wirklich viel vom Leben gesehen, soll aber Entscheidungen treffen die so weit reichen dass die Konsequenz eigentlich gar nicht absehbar ist.

Mir ging das damals in der 13. Klasse, kurz vor dem Abitur, nicht so. Bei mir im Briefkasten landete nämlich endlich der heiß ersehnte Einberufungsbescheid des Kreiswehrersatzamtes! Kurz, ich freute mich schon seit einiger Zeit auf die Zivistelle, die ich bei Life Challenge Fehmarn (LCF) dank meiner recht frühzeitigen Bewerbung, schon vorher fest zugesagt bekommen hatte.

Meine damalige Heimat, das Frankenland im Norden Bayerns, war ca. 780 km von Fehmarn entfernt, aber durch einen netten Windsurfer der gerade am Bodenseehof in Friedrichshafen eine Bibelschule besuchte, kam ich dazu mich bei LCF vorzustellen. Zuvor dachte ich auch kurz über den „anderen Dienst im Ausland“ nach, aber nachdem ich so unkompliziert und zu derartig guten Konditionen (kostenlose Heimfahrten mit dem ICE, ausreichende Vergütung, Unterkunft in einer 4er WG) eine Stelle am Meer und gerade noch in Deutschland fand, stand für mich sofort fest, das es das sein soll! Hier konnte ich mir den Unterhalt eines Autos finanzieren, mein ganzes Surfgerödel mitnehmen, hatte bei jeder Windrichtung perfekte Spots zum Surfen und Kiten für alle Könnerstufen und Jahreszeiten.

Schnell komm ich ins schwärmen, und heute, nach einem angerissenen Lehramtsstudium und einem bevorstehenden dualem Studium im sozialen Bereich kann ich wirklich sagen, dass es die bisher wichtigsten und auch durchaus schönsten 10 Monate meines Lebens waren. Ohne den Zivildienst bei LCF wäre ich heute nicht der, der ich bin.

„Huh, Drogentherapie, das ist sicher heftig…“ war meist die Reaktion von Leuten denen man von seiner Arbeit erzählte. Und sicher kommt man als junger Mensch mit einigen, zum Glück noch nicht zu festgefahrenen, Vorbehalten hier auf Fehmarn an. Nach den ersten Wochen ging es mir aber so, dass ich sehr viel Freude daran entwickelte mit den Klienten zu arbeiten und dass ich es immer mehr lernte gewisse Verhaltensmuster zu verstehen, sie nicht zu persönlich an mich heran zu lassen und den Menschen einfach trotzdem freundlich zu begegnen. Sicher haben viele einiges auf dem Kerbholz und sicher wird man Enttäuschungen erfahren, aber jetzt im Nachhinein fällt mir sehr auf, dass trotz Auseinandersetzungen kein Krieg war, dass oft auch Entschuldigungen kamen und dass klar getrennt wurde, zwischen sachlichen Auseinandersetzungen, an denen auch nicht zuletzt ich lernen durfte, und persönlichen Angriffen.

Die Tätigkeitsbereiche der Zivis sind sehr breit gefächert, grundsätzlich geht es darum die Arbeit der Therapeuten, und die Therapieeinrichtung an sich, praktisch zu unterstützen. Zum Beispiel durch Fahrdienste, handwerkliche Tätigkeiten, Einkäufe mit den Klienten, Verwaltungstätigkeiten, etc. Es wird aber nicht erwartet dass man als Zivi immer schlaue Ratschläge für die Klienten hat, einfach ein offenes Ohr und ein wenig Verständnis für die Situation in der sie sich befinden kann schon dazu führen Ihnen den Alltag bei LCF ein wenig zu erleichtern. Was ich auch als sehr angenehm empfand ist, dass die Klienten auch untereinander auf sich achten, dass sie für uns Zivis scheinbar selbstverständlich Ihre Räumlichkeiten selbst ansehnlich halten und, dass sie einfach nicht immer 100%ig überwacht werden müssen. Es wird auch niemand gezwungen zu bleiben und als Zivi muss man auch niemanden gewaltsam festhalten und wenn jemand permanent uneinsichtig ist kann man ihn ruhig auch darauf hinweisen seine Entscheidung diese Therapie zu machen doch noch einmal kritisch zu überdenken.

Natürlich gibt es dann auch solche unschönen Momente, wenn Leute tatsächlich gehen ohne dass sich in ihrem Leben etwas geändert hat. Man lernt allerdings sehr schnell damit umzugehen. Und natürlich darf man auch erleben, dass Veränderung statt findet und dass Menschen wieder neuen Halt finden. In Psalm 37, 23 steht: „Von dem Herrn kommt es, wenn eines Mannes Schritte fest werden, und der hat Gefallen an seinem Wege.“ Und genau hier knüpft LCF mit den christlichen Inhalten in der Therapie an. Jeder Klient soll wissen, dass Gott ein Interesse an genau ihm hat, und dass er anbietet neuen Halt und neue Lebensfreude zu schenken.

Auch unter den Mitarbeitern der Einrichtung fühlte ich mich sehr geborgen. Es war immer klar, dass Fehler gemacht werden dürfen und dass auch die Zivildienstleistenden von Anfang an als Mitarbeiter anerkannt sind. Dadurch konnten wir einen gewissen Schutz im Haufen der Mitarbeiter finden. Schutz fand ich auch im Glauben, der selbst ohne meine alt vertrauten Freunde wachsen durfte. Ich konnte Gott einfach neu erleben und er gab mir gerade auch für die Zeit nach meinem Zivildienst eine feste Zusage ins Herz. Eine Zusage, die sich schon bewahrheitet hat und immer und immer wieder bewahrheiten wird: „Fällst Du, so stürzt Du doch nicht, denn der Herr hält Dich fest an Deiner Hand“ (vgl. Ps 37, 24).

Timo Hahn